Türöffner der Rechtschreipkaterstrofe

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Was für ein Foto! Entlarvend, spottvoll. Und was für ein brisant, aufklärender Bericht des SPIEGELs mit der Titelstory: Die Rechtschreibkaterstrofe. Warum unsere Kinder nicht mehr richtig schreiben lernen.

Das Foto: Hans Brügelmann, emeritierter Pädagogik–Professor, der nie in der Grundschule unterrichtete, Jura studiert hatte, und mit Publikationen wie: Kinder auf dem Weg zur Schrift, flockige Aufsätze aneinanderfügte, die die Kreativität von Kindern in den Blick rückten, steht vor seinem Schlössschen im Regen.

Die Aufnahme, aus dem Erdbodenniveau, zeigt einen bärtigen Rentner, der einsichtslos in die Ferne schaut, von der eigenen Wichtig- und Unantastbarkeit überzeugt, dorthin wo die Kinder seiner Epigonen und Nachsabbler im Rechtschreibschlamassel absaufen.

Dieser Selbsternannte hat über Jahrzehnte in der Lehrerausbildung eine Haltung infiltriert, in der seine Jünger und Jüngerinnen, entspannt annahmen, dass man nichts investieren muss, wenn Kinder loslernen. Lasst die Kinder auf den Trip.

Das ist süffig, einfach, bequem. Quasseln und losschreiben: der Dilettantismus hielt vrölisch Einzug. In der Lehrerausbildung brauchte man über Sprachgesetzlichkeiten nicht nachzudenken; ebenso wenig, dass Lesen unbedingt als visuelles Geländer die leitende Funktion im Schriftspracherwerb darstellt.

Man brauchte sich nicht einmal um Lektüre zu bemühen. Spontaninterventionen waren gefragt. Gutstrukturierte Lernangebote wurden als Drill zur Seite geschoben.

iStock_000006805375XSmallAber da gabs noch so einen mit der Message: Alles ganz einfach. Norbert Sommer–Stumpenhorst, gelernter Bankkaufmann, Psychologe, von Didaktik und Methodik des Schriftspracherwerbs unbeleckt.  Auch er faselte  mit zwölf Kästchen Diagrammen die Probleme des Rechtschreibens bis zum Fingerschnippen herunter.

Beide Ungelernte haben sich nie mit den besonderen und strukturellen Qualitätsunterschieden zwischen einer Sprache, die aus Lautfrequenzen, und einer Sprache, die aus visuellen Zeichen besteht, beschäftigt, sondern mal gleich die eine mit der anderen verquirlt. Beide wurden nach Luxembourg hofiert.

Beide unwissenden “Pädagogen” bezogen ihre Muttermilch vom Oberfanatiker Jürgen Reichen, dessen Methode “Lesen durch Schreiben” eine halbe Lehrergeneration auf den Irrweg lockte; Vergleichsstudien haben nun verheerende Resultate für die “Reichen-Klassen” erbracht. Wenn Fehler augenzwinkernd als amüsantes Lernvorwärtsschrittlein hochbewertet werden, wird sich jedes kreative Kind dieser Lustmethode auch weiterhin anvertrauen.

Der Hirnforscher Henning Scheich bläst den nächsten Luftballon auf: Ausprobieren, Korrigieren, Wieder-Ausprobieren. Dreimal üben. Hirnrissig.

Das fundamentale Problem, das diese Heilsbringer, Seiteneinsteiger der Pädagogik, aber nun offenkundig gemacht haben: Ohne viel lesen gibt es eben keine soliden Rechtschreibungen. Aber dazu müsste man erst mal selbst viel lesen oder weniger pleisteischen spielen.

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Hooks Ghost
Hook’s Ghost schickt uns häufig Artikel zu. Captain Hook ist bekannt als exzentrischer Chef einer Piratenbande, der besonders durch seine Kleidung sowie sein ausschweifendes Verhalten auffällt. Leider verlor der Arme bei einer sehr schmerzhaften Begegnung mit einem Krokodil seine Hand. Damals hatte er noch Glück… An jenem Tag des starken Sturms sank leider sein Schiff und dieses Mal war es den Krokodilen nicht verwehrt, ihn ganz aufzufressen. Natürlich wollte Hook nicht in Frieden ruhen. Daher fing sein Geist an zwischen den Welten der Lebenden und der Toten umher zu irren. Seither greift er als Literat und Mäzen der Schriftsteller immer wieder zur Feder, um seine Wanderungen zu schildern.